Der Golf-Berater

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Mittwoch, 21. Dezember 2016

Die ohnmächtigen Macher

Foto: Jorma Bork  / pixelio.de
Glosse

Die ohnmächtigen Macher


Vom Selbstverständnis der Golfmanager heute

Es ist 2.00 Uhr Sonntag morgens. Erst vor einer Stunde hat er den Weg ins Bett gefunden. Es war eine schöne Feier nach dem Turnier gestern. Der Präsident hat ihn sehr gelobt für die gute Organisation. Alle haben ihm auf die Schulter geklopft. "Heute hatte ich aber einen netten Flight und morgen möchte ich mal mit dem Dr. Meier spielen." Er macht es möglich.

Jetzt schnell noch ein paar Stunden schlafen, um 6.00 Uhr klingelt der Wecker - Kanonenstart um acht. Da klingelt das Telefon. Verstört blickt er auf die Uhr. Verschlafen? Nein, es ist doch erst 2.00 Uhr. "Ja, Hallo?" Es ist sein Präsident, der ihm mit deliranter Stimme mitteilt: "Habe gerade den Kurt Müller kennengelernt, ein richtig netter Kerl. Soll morgen mit zwei Frauen spielen. Kommt gar nicht in Frage. Muss bei mir in den Flight. Das kriegen Sie doch noch hin, nicht wahr?"

Tausendsasse zwischen Macht und Ohnmacht


Golfmanager, der Traumberuf ("Was machst Du da eigentlich? Den ganzen Tag Golf spielen, was?"). Vielseitig muss er sein, umsichtig, flexibel, belastbar. Er organisiert den Golfclub, improvisiert dabei allenthalben, kümmert sich um jedes Detail, wechselt auch mal die Klopapierrolle - kurz zwischen Vorstandssitzung und Sponsorengespräch. Ein Tausendsassa im Zwiespalt zwischen Macht und Ohnmacht, in ständigem Bemühen es allen Recht zu machen. Früher war er Clubsekretär, heute nennen Sie ihn Clubmanager, haben ihm eine Stellenbeschreibung gegeben: "Der Clubmanager ist verantwortlich für alles und jeden". Das Gehalt ist nicht gewachsen (80.000 im Jahr), im Gegensatz zu den Anforderungen. Seine Sekretärin kommt nur noch halbtags und schon gar nicht am Wochenende. Sein freier Tag ist montags - "wenn nichts dazwischen kommt." Aber im Winter, da hat er frei - vorausgesetzt, er hat den Turnierkalender stehen, mit den Sponsoren alles klar gemacht, die Winter Cups organisiert und die komplette nächste Saison vorbereitet.

"Heirate doch deinen Golfclub"


Es gefällt ihm, er wollte es so haben, "es macht einfach Spaß". Seine Ehe ist letztes Jahr in die Brüche gegangen ("heirate doch deinen Golfclub") und dabei war es doch so eine schöne Hochzeit, damals im November (im Sommer war einfach kein Wochenende frei), der Spielführer war Trauzeuge. Er geht am Sonntagabend aus, kennt ein paar Friseurinnen am Ort (die haben auch montags frei) und spielt kaum noch Golf - nur noch geschäftlich oder um die Platzpflege zu begutachten. Und das möglichst spät abends, wenn kaum noch jemand anderes auf dem Platz ist ("sieh mal an, unser Manager spielt mal wieder selbst, na, nichts mehr zu tun im Sekretariat?")

Neulich hat er den Vorstandsvorsitzenden der Ritter AG "vom Platz geholt". Der konnte sich einfach nicht benehmen und ist mit dem Golfcar bis auf´s Green gefahren. "Diese großen Tiere aus der Wirtschaft meinen, sie können sich alles erlauben. Aber hier bin ich der Boss!" Gestern bat ihn der Präsident, sich für den etwas rauhen Ton bei dem Vorstandsvorsitzenden zu entschuldigen ("sie haben ja völlig Recht, aber konnten Sie ihm das nicht etwas freundlicher sagen?")

Ehrenamtliche Direktiven


In der letzten Vorstandssitzung sagte man ihm, er solle mehr delegieren. "Ja, vielleicht müssen wir wirklich mal einen Hausmeister einstellen, wenn wir erst mal 500 Mitglieder haben". Er müsse sich mehr um die Mitgliederwerbung kümmern und "achten Sie darauf, dass nicht so viele Fremde in der Gastronomie den Mitgliedern die Plätze wegnehmen. Und vielleicht können die Schnupperkurse unter der Woche am Vormittag stattfinden, dann ist die Driving Range abends nicht so voll, wenn wir Mitglieder üben wollen."

Er hat eine neue Maschine gekauft. Genau dieses Ding hat sich der Greenkeeper immer gewünscht. Damit wird sich die Platzpflege stark verbessern und die Platzmannschaft wird entlastet. Und es war gar nicht so teuer, lag genau im Rahmen des Investitionsbudgets. Lange hat er mit dem Lieferanten verhandelt. Vier Vergleichsangebote eingeholt. Nach einigem Hin und Her hat er zugeschlagen. Ein gutes Geschäft. "Gut haben sie das gemacht", sagt der Schatzmeister, "aber beim nächsten Mal möchte ich bei solchen Verhandlungen bitte dabei sein. Und denken sie daran, dass ich erst abends gegen 20.00 Uhr hier draußen sein kann - oder am Wochenende. Und außerdem habe ich einen Bruder, dessen Schwager hat gute Kontakte nach Amerika und da sollen solche Maschinen noch billiger sein, vielleicht denken Sie beim nächsten mal daran."

Wochenende? Gibt's nicht!


Manchmal fragt er sich, warum er das alles macht. Jetzt ist er schon 5 Jahre dabei. Ein Fachmann - kennt den Golfbetrieb aus dem Effeff. Ist fit in den Golfregeln, am PC, hat betriebswirtschaftlich alles drauf, kennt die Szene, weiß mit den Leuten umzugehen. Zurück in den alten Beruf? Geht nicht mehr, dafür ist er schon zu lange draußen. Und außerdem: er kennt ja nur noch Golfer. Seine Freunde aus alten Tagen rufen schon lange nicht mehr an. "Wenn die was am Wochenende unternehmen, dann muss ich ja immer arbeiten."

Hire and fire


Er kennt Kollegen, die verdienen das Doppelte. Sie sind Geschäftsführer einer Betreibergesellschaft. Der Clubvorstand hat nichts zu sagen. Nur der Hauptinvestor schaut denen auf die Finger. Sie können fast alles allein entscheiden, haben genügend Mitarbeiter und können auch mal ein Wochenende frei haben. Da kann man richtig arbeiten. Obwohl: sein Kollege aus dem Nachbarclub hatte auch so einen Job. Wie sehr hat er ihn manchmal beneidet. Und dann plötzlich war er weg - gefeuert! Einfach so - die Zahlen haben nicht gestimmt. Kündigungsschutz hatte er auch nicht. Dabei hatten die doch fast 500.000 Greenfee und schon 600 Mitglieder. "Reicht nicht," hat der Investor gesagt, schließlich habe er 20 Mio. investiert und jetzt könne er einfach nicht mehr drauflegen. Also wird der Geschäftsführer ausgetauscht. Einer aus der Hotelbranche kommt. "Der weiß wenigstens, was Dienstleistung bedeutet." Von Golf keine Ahnung - "das kann er lernen." Jetzt ist der Platz ganz schlecht gepflegt und die Turniere chaotisch organisiert. Die Mitglieder mosern, der Investor ist zufrieden. "Der Mann spart mir jedes Jahr 100.000 ein".

Nur nichts selbst entscheiden


Sein Freund, der Clubsekretär von dem alten Traditionsclub nebenan, geht manchmal mit ihm ein Bier trinken. "Ich verstehe dich nicht", sagt er, "lass' die vom Vorstand doch einfach machen und halte dir den Rücken frei. Alles aufschreiben - dokumentieren, Aktennotizen. Nur nichts selbst entscheiden, das ist der größte Fehler. Und nie Partei ergreifen, wenn es im Club rumort. Immer schön neutral bleiben und wenn dir einer was will, dann zückst du nur deine Aktennotizen. Neulich z. B. da war die Ballmaschine auf der Driving Range kaputt. Ich habe den Lieferanten angerufen, der hat mir gesagt, was die Reparatur kostet und ich hab' dem Schatzmeister ein Fax geschickt. Der war natürlich im Urlaub und die Maschine war eine Woche außer Betrieb. Was kann ich dafür?"

Der Golfclub Schöne Wiese hatte ihm ein Angebot gemacht. Das ist auch ein alter Club - wie seiner jetzt. Klassischer Verein. Die Leute vom Vorstand kennt er alle gut - vernünftige Leute. Das Gehalt soll auch besser sein und er bekommt eine klare Stellenbeschreibung. Sein Verantwortungsbereich ist deutlich definiert, er weiß dort, wie viel er ausgeben kann und kann sich sein Personal selbst aussuchen und einstellen. "Wir im Vorstand verstehen uns als Aufsichtsrat, sie wären unser Geschäftsführer", hat ihm der Präsident dort gesagt. Klingt alles wirklich toll - ideal. Nur, der Vorstand wird im nächsten Jahr neu gewählt und wer weiß schon was danach kommt? Man hört, da bewirbt sich einer um das Präsidentenamt, der alles allein machen will und von modernem Golfmanagement gar nichts hält.

Traumhafte Perspektiven


"Also bleibe ich doch wo ich bin," denkt sich unser Clubmanager. Im Club gibt es Leute, die viel von ihm halten. Einige sind dankbar, dass er sich so sehr für sie einsetzt, sehen aber auch, dass er nicht alles allein machen kann. Einige dieser Mitglieder streben Ehrenämter an und wie man hört, soll es bald einen Vorstand geben, der einiges grundsätzlich anders machen möchte.

"Wir möchten die Satzung ändern. Die Position des Clubmanagers wird darin fest verankert. Unser Manager soll für 5 Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt werden. Er hat Sitz und Stimme im Vorstand. Sein Arbeitsvertrag wird zeitlich begrenzt auf die Dauer seiner Wahlperiode. Entsprechend muss er natürlich mehr verdienen. Seine Kompetenzen werden klar definiert und von der Mitgliederversammlung grundsätzlich verabschiedet. Der Vorstand fungiert als Aufsichtsorgan und hört zu jeder seiner Sitzungen einen Rechenschaftsbericht des Clubmanagers. Ansonsten nimmt der Vorstand lediglich repräsentative Aufgaben wahr. Wir haben Vertrauen in unseren Fachmann, den Clubmanager, und lassen ihn seine Aufgabe selbständig erfüllen."

"Das klingt ja wirklich traumhaft", meint unser Clubmanager, den es natürlich so in Wirklichkeit gar nicht gibt. Oder doch?


Diese Glosse war der Aufmacher in der Fachzeitschrift golfmanager 04/2001

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